Allgemein plagt die Anleger gerade hier in Deutschland die Angst vor einer Hyperinflation und dem Verlust aller Ersparnisse und Kapitalanlagen. Sachwerte werden in allen Forumsdiskussionen im Internet immer wieder empfohlen und manchmal mag man sich auch wenig wundern, was alles so als Sachwert „verkauft“ wird.
Die EZB, unsere Hüterin der Stabilität, strebt grundsätzlich eine Inflation von knapp unter 2% p.a. an und berechnet den aktuellen Wert bei 2,3%. Die letzte Leitzinssenkung zeigt aber, dass sie zumindest keinen weiteren Anstieg der Inflation erwartet, eher einen Rückgang.
Der Internationale Währungsfonds (IWF) hat heute mit der Warnung vor einer möglichen Deflation in der Eurozone Aufsehen erregt und widerspricht damit einmal mehr der Meinung der EZB.
Was bedeutet Deflation?
Bei einer Deflation wird die Kaufkraft des Geldes nicht, wie bei einer Inflation, weniger, sondern täglich etwas mehr. Waren verbilligen sich und man bekommt jeden Tag etwas mehr für sein Geld – bildlich gesprochen.
Was nach paradiesischen Verhältnissen für Verbraucher klingt -jeden Tag eine kleine Gehaltserhöhung- ist in Wahrheit ein Schreckensszenario für die Wirtschaft. Die Erfahrung hat gezeigt, dass Verbraucher zu der Haltung neigen „Wenn ich morgen mehr für mein Geld bekomme, dann gebe ich es heute doch noch nicht aus!“. Das denken sie dann morgen und übermorgen auch und am Ende kommt der Konsum ganz zum Erliegen. Und ohne die Nachfrage durch Endverbraucher kommt die ganze Wirtschaft ins Stocken.
Deflation ist also gar nicht gut!
Entschuldung über Inflation
Ein zweiter Punkt kommt noch dazu, der gerade jetzt super aktuell ist. Die ganze westliche Welt -nicht nur die Eurostaaten- ist in Folge des „ausschweifenden Lebensstils“ und der Finanzkrise hoch verschuldet. Die Inflation würde aber beim Schuldenabbau helfen.
Das ist ähnlich wie beim privaten Häuslebauer. Wer sich vor 30 Jahren 250.00 Mark für ein Haus geliehen hat, musste bei einem Durchschnittseinkommen von rund 32.000,- DM knapp acht Jahresgehälter für sein Haus (ohne Zinsen) ausgeben. Heute beträgt das Durchschnittseinkommen (in Folge des Inflationsausgleiches) rund 32.000 €, er müsste also nur noch etwa vier Jahresgehälter aufbringen. Natürlich gilt das auch für die Gesamtsumme inkl. Zinsen. Allerdings verteilt sich der Betrag über die 30 Jahre, weshalb diese Beispiel mal wieder hinkt.
Damit soll klar werden, dass Schuldner in gewissem Maße von einer Inflation profitieren. Eine Deflation wäre natürlich ganz im Gegenteil eher ungünstig und alle Staaten sind ja derzeit große und immer größer werdende Schuldner. Ein bisserl Inflation würde da bei der Schuldentilgung schon helfen. Gerade Deutschland, dass sich derzeit ja zu extrem niedrigen Zinsen refinanziert, könnte von einer mäßigen Inflation (ohne negative Auswirkungen auf die Wirtschaft) profitieren.
Von daher sollte also eine Deflation vermieden werden. Wie man das macht? Im Prinzip ganz einfach: Viel billiges Geld in Umlauf bringen. Leider zeigt das Beispiel Japan, dass es so einfach doch nicht ist. Es ist also eine schwierige Aufgabe, vor welcher unsere obersten Währungshüter gerade stehen.
Wen interessiert eigentlich was?
Zu beachten ist natürlich immer auch, wer gerade was sagt und warum er oder sie das sagen könnte. Der IWF ist schon sehr stark von den Amerikanern beeinflusst. Und die fahren ja schon sehr lange eine sehr lockere Geldpolitik – ohne damit allerdings wirklich große Erfolge in der Belebung ihrer Konjunktur verzeichnen zu können. (Andererseits: Man weiß nicht, wie katastrophal es ohne diese Maßnahmen im Mutterland des Big Mac aussehen würde…).
Die Amerikaner drängen Europa und besonders Kanzlerin Merkel schon länger, ähnlich mit der Eurokrise umzugehen, wie es jetzt auch der IWF zur Vermeidung einer Deflation fordert. Es wäre also möglich, dass hier eine gewisse Instrumentalisierung des IWF stattfindet.
Was die genauen Beweggründe der Amerikaner sind, kann ich nicht beurteilen. Die reine liebevolle Sorge des „großen Bruders“ wird es sicher nicht sein. Irgendeinen Nutzen versprechen sich die Amerikaner von den Forderungen an die Europäer. Vielleicht hat ja einer der Leser eine Idee und hinterlässt diese hier als Kommentar?
Eines scheint sicher: Eine Deflation nützt niemandem und sollte vermieden werden!
Aber für diese Erkenntnis werden die Mädels und Jungs bei der EZB mich sicher nicht brauchen. Hoffentlich!!
>Deflation ist also gar nicht gut!
Ich gebe Ihnen Recht, dass eine Deflation schlecht für Volkswirtschaften ist,
aber dürfen Sie trotzdem nicht vergessen, dass der Idealfall keine Deflation und auch keine Inflation ist/wäre.
Denn auch wenn Staaten und Schuldner von einer Inflation profitieren, leidet jeder einzelne Sparer darunter; denn das gesparte Geld wird ja weniger Wert; dieser Effekt wird durch die Sparzinsen ausgeglichen (normalerweise).
Ich weiß nicht, wie Sie ihr Geld angelegt haben, aber derzeit liegt der Leitzins bei 0,75 (und damit auch der Sparzins eines gesetzlichen Sparbuchs – wenn ich mich nicht irre (der kann auch noch niedriger sein)), d.h. das gesparte Geld wird nicht mehr (oder bleibt gleich) sondern weniger.
Natürlich ist dieser Fall ein Sonderfall (der schnellstmöglichst durch Leitzinserhöhung beseitigt werden sollte), aber Fakt ist, dass die Preise durch die Inflation steigen.
Das heißt für mich als Konsument und Sparer hat Inflation eigentlich keinen Nutzen (im Vergleich zu keiner Inflation (also In- und Deflation = 0%.)
Was mich aber am meisten stört, ist dass verschwiegen wird, dass der Idealfall 0% Deflation und Inflation ist (und nicht 2%), der Aufschrei von Leuten, die es eigentlich besser wissen müssten, wenn man auf 0% Inflation zusteuert und dass die allermeisten Leute, nur vor einer Deflation warnen (oder das in die Nähe kommen zu einer Inflation) und es akzeptiert haben, dass Inflation herrscht und ignorieren, dass Inflation (und Deflation) in einer gesunden Volkswirtschaft fehl am Platz ist.
Nun zu Ihrer Frage:
Um Ihre Frage selbst zu beantworten, sollten Sie sich fragen, wer noch von einer Inflation profitiert;
nämlich verschuldete Banken, Fonds (weil das Geld von Sparern ja auf dem Sparbuch weniger wird und sie sich deswegen nach Alternativen umsehen), Reiche (weil sie in großem Stil in Fonds, Gold, Immobilien etc. investieren/sparen können)…
Wenn Sie jetzt auch noch bedenken, dass die Federal Reserve auch aus Privatbanken besteht und in Amerika die Republikaner sehr viel Einfluss haben, beantwortet sich ihre Frage von selbst.
Wenn die EZB eine Deflation wirklich verhindern sollte/wollte, müsste sie nur den Einlagensatz negativ gestalten: https://de.wikipedia.org/wiki/Einlagefazilit%C3%A4t
Denn billig an die Banken verliehenes Geld führt irgendwann zu einer Inflation.
Letztes nur so am Rande.
Hallo und danke für Ihren ausführlichen Kommentar!
Die 2% Zielmarke für die Inflation ist nicht meine Idee, sondern der Zielkorridor der EZB. Offenbar hält man dort eine niedrige Inflation für weniger negativ, als eine niedrige Deflation.
Zu den Auswirkungen einer Inflation fällt mir auf, dass Deutschland auch in Zeiten einer höheren Inflation (der ganze Zeitraum vor der Euroeinführung) sowohl ein gutes Wirtschaftswachstum als ein ein kräftiges Wachstum des privaten Vermögens zu verzeichnen hatte. Gut möglich, dass es bei einer niedrigeren Inflation noch besser gelaufen wäre. Aber problematisch war die Realität so wohl nicht, oder?
Bezüglich der Fonds täuschen Sie sich allerdings. Einerseits sind besonders hohe Volumina in Rentenfonds investiert (wesentlich mehr, als in Aktienfonds). Diese würde durch steigende Zinsen (in Folge einer steigenden Inflation) Kursverluste erleiden und damit Assets verlieren, die nicht zwangsläufig in wesentlich volatilere Aktienfonds fließen würden. Andererseits haben Fonds immer dann besonders hohe Zuflüsse, wenn die Stimmung der Anleger allgemein sehr positiv ist und bereits eine gewisse Zeit sehr gute Gewinne erzielt wurden. Dies wäre im Fall einer steigenden Inflation zwar möglich, aber nicht zwingend der Fall.