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Offene Immobilienfonds – Drama ohne (glückliches) Ende?

„Es war einmal….,“ So beginnen gewöhnlich Märchen, welche im Normalfall aus Sicht der Hauptperson gut enden. (Ist Ihnen mal aufgefallen, dass der Wolf nie die Hauptperson ist?)  Es war einmal eine sichere und dafür relativ gut rentierliche Anlage, der offene Immobilienfonds. Das war bis zum Beginn der Finanzkrise kein Märchen und hat wahrscheinliche deshalb auch keinen Anspruch darauf, gut auszugehen. Aber der Reihe nach.

Was ist eigentlich ein offener Immobilienfonds?
Eine Definition ist sicher ein guter Einstieg. Wie andere Fonds (z.B. Aktienfonds, Rentenfonds) handelt es sich hier zuerst einmal um ein „Sammelbecken“ für Geld mit einem bestimmten Anlageziel. Viele verschiedene Anleger, große wie kleine, können diesem Fonds ihr Geld zu Verfügung stellen, damit dieser es für sie dort investiert, wo sie es selbst wegen fehlender Fachkenntnis und/oder zu kleiner Anlagebeträge selbst nicht können. Bei Immobilien leuchtet das sofort ein. Wer hat schon genügend „Kleingeld“ parat, um z.B. einen Büroturm Frankfurt, London oder Tokio zu kaufen? Und wer kennt sich in diesem Geschäft schon gut genug aus und kann diese Immobilien dann auch verwalten? Es macht also Sinn, dies Fachleuten zu überlassen. Diese werden dann als „Fondsgesellschaft“ oder juristisch korrekt als „Kapitalanlagegesellschaft“ bezeichnet. Letztere wird meist mit „KAG“ abgekürzt. Der Einfachheit halber werde ich diese Abkürzung ab hier auch nutzen.

Ein solcher Fonds sammelt also Geld von verschiedenen Anlegern und legt dieses dann nach professionellen Prinzipien in Immobilien an. „Offen“ bedeutet, dass es weder beim Anlagebetrag noch bei den zu kaufenden Immobilien eine Obergrenze gibt. Das Gegenteil wäre ein geschlossener Immobilienfonds. Dieser hat das Ziel, eine zuvor genau definierte Immobilie, z.B. einen bestimmten Büroturm (oder eine bestimmte Anzahl an Objekten), zu kaufen und sammelt genau so viel Geld ein, wie dafür benötigt wird. Die Anleger wissen hier im Vorfeld genau, welche Immobilie erworben wird und werden im Prinzip zu Unternehmern im Bereich Immobilien. (Ja, diese Beschreibung ist etwas ungenau, weil die Wirklichkeit viel komplizierter ist. Aber um den Unterschied zwischen offenen und geschlossenen Fonds zu verständlich zu machen, sollte es reichen.)Die Anleger in einem offenen Immobilienfonds wissen im Vorfeld nicht, in welche Immobilien das Management im Laufe der Zeit investieren wird. Es wird aber festgelegt, wo investiert werden soll, z.B. in Europa oder weltweit. Dafür kann man beim offenen Fonds jederzeit ein- und aussteigen, zumindest war das die Grundidee. In einem geschlossenen Fonds ist das Geld vom Grundsatz erstmal für eine feste Laufzeit gebunden.
Wie bei Wertpapierfonds auch, wird das Vermögen des Fonds in gleichgroße Anteile aufgeteilt. Diese Anteile kann der Anleger täglich von der Fondsgesellschaft kaufen und wieder an diese Verkaufen (Rückgabe). Die Fondsgesellschaft berechnet täglich auf Basis des Inhaltes des Fonds den Wert eines Anteiles (Rücknahmepreis oder NAV).
Hier finden Sie eine Gegenüberstellung von offenen und geschlossenen Immobilienfonds.

Wie waren die Erfahrungen bis zur Finanzkrise?
Die ersten offenen Immobilienfonds wurden in Deutschland schon in den 50er Jahren aufgelegt. Seitdem waren diese Fonds im Großen und Ganzen eine solide Anlage mit geringen Risiken und dafür sehr vernünftigen Erträgen für die Anleger.
Besonders unter dem steuerlichen Aspekt konnten die offenen Immobilienfonds punkten, da ein spürbarer Teil ihrer Erträge nicht versteuert werden muss. So blieben dem Anleger von einer Rendite von z.B. fünf Prozent aus einem offenen Immobilienfonds nach Abzug der Steuern deutlich mehr als bei gleicher Rendite z.B. mit einem Bundesschatzbrief.
So festigte und bewahrheitete sich über Jahrzehnte hinweg der Ruf einer soliden Kapitalanlage mit einer sehr vernünftigen Rendite. Besonders konservative Anleger, die nicht gerne Risiken bei der Renditejagd eingehen, schätz(t)en diese Anlage. Besonders dann, wenn es an den Börsen sehr turbulent zuging, zeigten die offenen Immobilienfonds ihre wahren Qualitäten, wie die beiden 10-Jahresgrafiken der Fonds SEB Immoinvest und CS Euroreal veranschaulichen. Und das nicht, weil sie irgendwelchen Hirngespinsten und Träumen nachhingen. Es ist tatsächlich so, dass Immobilienmärkte sich nicht wie Aktienmärkte entwickeln und ein vernünftiges Management hier auch langfristig gute Erträge erzielen kann.

Quelle: www.onvista.de

Was ist geschehen?
Nach dem Platzen der Internetblase im Jahr 2000 kamen verschieden Faktoren zusammen, die den offenen Immobilienfonds das Leben immer schwerer machten:

  • Während der Börsencrashs 2000 bis 2003 und 2007 bis 2009 führte die Stabilität der Immobilienfonds dazu, dass ihnen in großer Menge Gelder zuflossen. Sowohl private wie institutionelle (Versicherungen, Stiftungen, Pensionskassen usw.) Anleger wollten vom besonders attraktiven Risiko-Rendite-Verhältnis profitieren.
  • Dieser hohe Mittelzufluss konnte von vielen Fonds nicht einfach mal so schnell angelegt werden, da lukrative Immobilien nicht an jeder Straßenecke zu finden sind und der Kauf von Immobilien eine langwierige Angelegenheit ist.
  • Das Geld „staute“ sich also bei den Fonds. Viele beliebte Offene Immobilienfonds bestanden zeitweise nur zu etwas mehr als der Hälfte aus Immobilien. Der Rest war Bargeld, oder „Cash“, wie wir Finanzprofis gerne sagen…. . Die gesetzlichen Regeln für diese Fonds haben hier übrigens eine Obergrenze eingezogen. Die Fonds standen also unter Druck, Immobilien zu kaufen. Sonst hätten sie keine neuen Kundengelder mehr annehmen dürfen, was für eine KAG ziemlich ärgerlich ist, da sie prozentual am verwalteten Vermögen verdient (Verwaltungsvergütung oder „Managementfee“).
  • Damit das viele Bargeld nicht nur faul auf einem Konto herumlag, investierte die KAG dieses im Geldmarkt. Geldmarkt ist eigentlich eine sichere kurzfristige Möglichkeit, Geld zu parken und dafür Zinsen zu bekommen die in der Regel etwas über der Inflationsrate liegen.

So die Situation im Herbst 2008. Die Finanzkrise war bereits im Gange. Das Vertrauen in Immobilien hatte schon ein wenig gelitten, schließlich lag die Wurzel der Probleme auf dem Markt für US-Eigenheime. Die Anleger waren aber im Großen und Ganzen noch in der Lage, zwischen der Holzhaussiedlung in Florida, wie wir sie aus den Fernsehserien kennen, und den Bürotürmen und Einkaufszentren in den Metropolen dieser Welt zu unterscheiden. Doch dann kam es Knüppeldick. Der bis dahin als sicher geltende Geldmarkt wurde in Folge der Lehman-Pleite plötzlich brandgefährlich. Der Wert der auch in diesem Segment gehandelten ABS-Papiere (Asset backed Securities) war „über Nacht“ völlig unklar. Der Totalverlust drohte. In jedem bis dahin als sicher angenommenen Geldmarktportfolio konnten plötzlich extreme Risiken schlummern.
Der Privatanleger bemerkte das wie immer nicht so schnell, aber den Profis bei den institutionellen Anlegern war sofort klar, dass die Immobilienfonds mit ihren großen Beständen an Geldmarktanlagen nervös tickende Zeitbomben sein könnten. Nichts wie raus hieß die Devise. Und zwar sofort! Von einem Tag auf den anderen wurden besonders den bis dahin erfolgreichen und beliebten offenen Immobilienfonds jeweils mehrere hundert Millionen Euro entzogen. Immer mehr Anleger schlossen sich diesem Trend an und bald waren die vor Kurzem noch so hohen Bestände an Bargeld bei den Fonds aufgebraucht. Da man Immobilien aber nicht so schnell verkaufen kann, wie z.B. Aktien, mussten diese Fonds die Reißleine ziehen und die Rückzahlung von Anlegergeldern aussetzen. Im Fachjargon heißt das dann „Aussetzung der Rücknahme von Anteilen“. Dies ist übrigens rechtlich einwandfrei und macht auch Sinn, damit die Immobilien nicht weit unter Wert verramscht werden müssen. Betroffen waren so prominente Beispiele wie AXA Immoselect, SEB Immoinvest, CS Euroreal, DEGI Europa und weitere.
Allerdings wurde das Vertrauen in diese Anlageform auch bei den arg geschundenen und sowieso völlig verunsicherten Privatanlegern stark erschüttert, was auch andere Fonds in diesen Abwärtsstrudel zog. Obwohl die Probleme auf dem Geldmarkt mittlerweile beendet sind, kehren die Anleger nicht in Scharen in die offenen Immobilienfonds zurück. Offensichtlcih will keiner derjenige sein, der vergeblich versucht, den Retter dieser Analgeform zu spielen. Diese Nachwirkungen könnten noch lange anhalten und der Branche mächtige Kopfschmerzen bereiten.

Folgende Fonds setzten u.a. die Rücknahme von Anteilen im Herbst 2008 aus:

AXA Immoselect
SEB ImmoinvestCS
EurorealTMW
Immobilien Weltfonds
DEGI Europa*
DEGI International
Morgan Stanley P2 Value*
Kan Am US Grundinvest*

* Diese Fonds konnten innerhalb von zwei Jahren nicht wieder geöffnet werden und befinden sich in der Abwicklung. Die restlichen Fonds wurden zwischenzeitlich zumindest vorübergehend wieder geöffnet und haben mit der erneuten „Schließung“ die Zweijahresfrist neu ausgelöst.

Die Auswirkungen auf den Privatanleger
Bereits vor dem Einsetzen der Finanzkrise waren die Zinsen auf dem Kapitalmarkt stark gesunken. Tages- und Festgeld rentierten sehr schlecht und bei festverzinslichen Wertpapieren (finanzdeutsch: Renten) war mit Kursverlusten bei steigenden Zinsen zu rechnen. Geldmarktfonds brachten kaum noch eine Rendite. Viele Privatanleger missbrauchten offene Immobilienfonds zu dieser Zeit als Geldmarktersatz und legten dort Mittel an die nicht, wie von den KAGs propagiert, mindestens für fünf Jahre im Fonds würden bleiben können. Dies rächte sich für viele Anleger bitter, weil sie auf absehbare Zeit nicht an ihr Geld herankamen und teilweise bis heute nicht herankommen.Noch härter trifft es diejenigen, die eigentlich nichts falsch gemacht. Z.B. Anleger, die vor fünf Jahren oder mehr für ihre Altersversorgung auf offene Immobilienfonds gesetzt hatten und nun ziemlich dumm aus ihrer Wäsche schauen. Oder Anleger, die mit einem langfristigen Auszahlplan aus einem offenen Immobilienfonds ihre Rente aufbessern wollten.
Hier gibt es wirklich dramatische Beispiele von Menschen, die eigentlich alles richtig gemacht haben und jetzt trotzdem zu den Angeschmierten gehören. Das sind aus meiner Sicht die wahren Verlierer der Finanzkrise (neben manchen anderen). Sie wollten das Richtige. Eine solide, sichere Anlage mit vernünftiger Rendite. Das waren die offenen Immobilienfonds über mehr als 50 Jahre auch.
Das ist so, als würde man brav an der Fußgängerampel auf das grüne Männchen warten, während alle anderen einfach so über die Straße laufen, und wird dann von einem Besoffenen über den Haufen gefahren, der in seinem Rausch über den Gehweg heizt.

Wer ist schuld?
Ist doch klar, die Spekulanten! Oder? Die bösen Banker mit hohen Boni? Oder wie immer die dummen Politiker? Bis zu dieser Stelle und bezogen auf die zuletzt genannte Anlegergruppe fällt es mir schwer, einen Schuldigen (oder mehrere) zu finden. Man kann den Anlegern, die eine vernünftige und solide Anlage gesucht haben, wohl keinen Vorwurf machen. Das die KAGs das viele Bargeld im Interesse ihrer Anleger verzinslich im bis dahin sicheren Geldmarkt anlegen ist sicher auch nicht verwerflich. Man kann nicht mal sagen, dass diese Brüder besonders gierig gewesen wären und „giftige Papiere“ gekauft hätten. In den allermeisten Fällen war das alles grundsolide. Sind also die institutionellen Anleger schuld, die mit ihrer Flucht aus den offenen Immobilienfonds das ganze Dilemma auslösten? Was soll den jemand machen, der das Geld anderer Leute verwaltet und plötzlich immense Risiken auf sich zukommen sieht, die einen Tag zuvor nicht mal ansatzweise zu erkennen waren? Es ist wohl nachvollziehbar, dass die Manager dort zu allererst versuchen, die ihnen anvertrauten Gelder in Sicherheit zu bringen?
Sie sehen, das ist wirklich dumm gelaufen! Man könnte jetzt weiter in die Tiefe gehen und nach den Verursachern der Finanzkrise suchen. Das werde ich hier nicht tun. Aber eines ist klar: Weniger kompliziert, als bis hierher, wird es sicher nicht.

Der aktuelle Stand
Es wurden also im Herbst 2008 die genannten Fonds geschlossen. (Wobei „geschlossen“ hier bedeutet, dass man sein Geld nicht aus dem Fonds abziehen konnte. Einzahlen ging weiterhin und der Fonds wurde auch weiter ganz normal gemanaged.) Dies führte zu einem allgemeinen Vertrauensverlust in das Instrument offener Immobilienfonds und viele Anleger, jetzt auch die Privatanleger, suchten ihr Heil in der Flucht, bevor es noch weitere böse Überraschungen geben könnte. Dies entzog weiteren Fonds die nötige Liquidität und es kam zu zusätzlichen „Schließungen“. Fonds wie der AXA Immoselect, der SEB Immoinvest und der CS Euroreal öffneten zwischenzeitlich, mussten dann aber erneut schließen, weil der Mittelabfluss nicht enden wollte. Die nachvollziehbare Angst der Anleger, nicht mehr an ihr Geld zu kommen, ist offensichtlich stärker als die Argumente der KAGs.
Kritisch wird das Ganze wenn ein Fonds 24 Monate am Stück geschlossen bleibt. Der Gesetzgeber sieht vor, dass der Fonds dann wieder geöffnet oder „abgewickelt“ werden muss. Abgewickelt bedeutet, dass der Fonds dann wirklich zu gemacht wird. Alle im Fonds befindlichen Immobilien werden in einer bestimmten Zeit (i.d.R. zwei bis drei Jahre) verkauft und der Ertrag in halbjährlichen Tranchen an die Anleger ausgezahlt. Danach gibt es diesen Fonds dann nicht mehr.
Es ist wohl nachvollziehbar, dass die KAGs dies auf jeden Fall verhindern wollen, denn es ist ihr Geschäft, welches ihnen dann komplett verloren geht und es sind die Arbeitsplätze der dort tätigen Menschen. Also versuchen die Manager die nötige Liquidität zu schaffen, um den Fonds wieder öffnen und offen halten zu können. Das klingt so lapidar, ist aber so unendlich schwierig. Da man den Anlegern ja keine Steine oder Gebäudeteile schicken kann, müssen Immobilien verkauft werden, um wieder liquide zu werden. Dazu sollte man wissen, dass der Immobilienmarkt immer etwas später in die Krise kommt, als die allgemeine Wirtschaft. Während wir also seit rund einem Jahr wieder von einer wirtschaftlichen Erholung sprechen, stecken die internationalen Immobilienmärkte gerade so richtig in der Grütze. Viel Angebot, wenig Nachfrage, tiefe Preise. In dieser Situation sollen die Manager der offenen Immobilienfonds Beton in Gold verwandeln. Na Glückwunsch! Rumpelstilzchen lässt grüßen! Außerdem wissen die anderen Marktteilnehmer ja von den Problemen der Fonds und können die Preise noch stärker drücken. Derzeit kann man am Immobilienmarkt sicher ein paar schöne Schnäppchen machen. Haben Sie gerade mal ein paar hundert Millionen übrig?
Die Fonds müssen also Immobilien zu schlechten Preisen verkaufen, um eine Überlebenschance zu haben. Das wirkt sich natürlich auch auf die Wertentwicklung der Fonds aus. Die besseren Vertreter ihrer Gattung haben deshalb nur eine schlechtere Performance. Andere haben reale Verluste zu verzeichnen. Weil eines zum anderen kommt, sinken in der beschriebenen Marktphase auch die Werte der Immobilien an sich. Hierfür betrachten wir uns das folgende Thema:

Wie wird der Wert eines Immobilienfonds festgestellt?
Bei einem Aktienfonds ist es relativ einfach, täglich dessen Wert und damit den Preis eines Anteils festzustellen. Zu einem bestimmten Zeitpunkt wird der aktuelle Börsenkurs des Tages für jede im Fonds befindliche Aktie festgestellt. Dieser wird mit der Anzahl der jeweiligen Aktien im Fonds multipliziert und die Ergebnisse für alle Aktien werden zusammen addiert. Schon haben wir den Nettoinventarwert des Fonds. Diesen noch schnell durch die Anzahl der ausgegebenen Anteile teilen und schwupp da isser, der Fondspreis.
Aber wie soll man das bei einer Immobilie machen? Diese wird ja nicht täglich gehandelt und den wahren Verkehrswert bekommt man nun mal nur durch verkaufen heraus. Man muss also einen Weg finden, einen möglichst realistischen Wert aller Immobilien zu finden, um jeden Tag einen Preis für den Fonds berechnen zu können. In der Praxis wird dies durch einen Sachverständigenrat geleistet. Dieser bewertet jede Immobilie in regelmäßigen abständen (z.B. jährlich) und lässt sehr verschiedene Faktoren in diese Bewertung einfließen. Z.B. den Ertragswert, also was man im Jahr mit der Immobilie an Einnahmen erzielen kann, aber auch die allgemeine Marktsituation und die spezielle Situation vor Ort.So entsteht ein Wert, mit welchem die Immobilie bis zur nächsten Bewertung im Fonds geführt wird. Um einen täglichen Preis berechnen zu können, zählt man nun die Werte aller Immos zusammen, addiert das Bargeld (Liquidität) hinzu und zieht Kosten, Rückstellungen usw. ab. Heraus kommt der gesamte Wert des Fonds (auch Fondsvolumen genannt). Dieser wird durch die Anzahl der ausgegebenen Anteile geteilt und schwupp da isser, der Fondspreis.
Diese Praxis der Bewertung ist übrigens seit Jahren schon in der Diskussion. Eine bessere Lösung hat sich aber bisher nicht durchsetzen können.
Die regelmäßige Neubewertung führt dazu, dass Immobilien in so schwierigen Phasen am Immobilienmarkt wie im Moment abgewertet werden. In normalen Jahren und bei normalen Fonds ist das nicht dramatisch. Das senkt die Rendite ein wenig, bedeutet aber noch keine Verluste. Erholt sich der Immobilienmarkt, erfolgt auch wieder eine Aufwertung und der langfristige Anleger kann sich das ganz entspannt anschauen. Wenn er nicht auf dem Gehweg an der Fußgängerampel von einem alkoholisierten …….. .In der aktuellen Phase kommt aber einfach zu viel zusammen. Der hohe Verkaufsdruck, die schlechte Marktphase, das fehlende Anlegervertrauen. Das ist alles offenbar zu viel für dieses einst so glorreiche Anlageinstrument.

Die Auswirkungen auf die einzelnen Fonds sind sehr unterschiedlich. Betrachten wir einige Beispiele.


Worst case: Morgan Stanley P2 Value
Da mir der Name zu lang ist, schreibe ich ab hier nur noch vom P2. Mir ist dieser Fonds zum ersten Mal 2006 begegnet. In der Fondsbranche war das Urteil „Die Jungs von Morgan Stanley machen da eine ganz heiße Kiste!“. Da wir gerade drei gute Börsenjahre hatten und eher die Gier als die Angst die Menschen leitete, war das oft ein Ausdruck eines gewissen Respekts und einer freudigen Erwartung. Der Fonds würde viel stärker als die bisher auf dem Markt befindlichen Produkte in die hochinteressanten Märkte in Asien investieren und würde auch die Möglichkeiten der Fremdfinanzierung (der Fonds kauft auf Kredit) mehr nutzen, um eine höhere Rendite zu erzielen. Der Fonds begann in 2006 und 2007 so richtig zu investieren. Also genau auf dem Höhepunkt der letzten Kapitalmarktphase. Zu dieser Zeit war wegen des niedrigen Zinsniveaus viel Kapital nach Asien geflossen und hatte dort auch die Immobilienpreise deutlich nach oben getrieben. Man kann wohl schon von einer Blasenbildung sprechen. In dieser Blasenphase kaufte der P2 also fröhlich Immobilien mit einem ordentlichen Anteil an Kreditfinanzierung. Gerade institutionelle Investoren fanden das sexy und Morgan Stanley galt damals ja noch als Top-Adresse. Aber natürlich konnten auch die Bewohner dieser Top Adresse nicht alles Geld, das ihnen in großen Mengen zufloss, sofort anlegen und parkten es im Geldmarkt … . Für den Rest der Story braucht es nicht mehr viel Fantasie. Einerseits floss die Liquidität auch hier schlagartig ab, andererseits platzte in 2009 dann die Immobilienblase (wenn es denn eine war) in den genannten Märkten und der Fonds musste, auch wegen des höheren Anteils an Fremdfinanzierung, heftige Verluste verbuchen. Bisher ist der Fonds vom höchsten Stand aus um rund 50% gefallen. Die Wiederöffnung des Fonds hat nicht funktioniert, der Fonds wird nun abgewickelt.

Quelle: www.onvista.de

Was die Anleger tatsächlich zurück erhalten hängt nun davon ab, was das Fondsmanagement noch für die Immobilien erzielen kann. Die ganze Historie können Sie wunderbar in diesem Forum nachverfolgen.
Von den Unterstellungen, dass die Verantwortlichen in betrügerischer Absicht gehandelt haben, distanziere ich mich ausdrücklich!

DEGI Europa
Dieses Beispiel ist aus meiner Sicht viel dramatischer. Während man beim P2 sagen muss, dass die Gier nach außergewöhnlich hohen Renditen in einem bestimmten Marktsegment unter sehr ungünstigen Umständen ins Fiasko geführt hat, war der DEGI Europa bisher eher als solides Produkt bekannt. Schließlich hat dieser Fonds eine bis in die Anfänge der siebziger Jahre zurückreichende, durchaus erfolgreiche, Historie. Hier erwischt es also nicht die wilden Renditejäger, sondern eher wieder unseren Fußgänger an der Ampel.
Aus meiner Sicht erklärbar ist, warum dieser Fonds letztlich abgewickelt werden muss. Die recht herben Verluste sind mir allerdings nicht wirklich klar.
Dieser Fonds stammt ursprünglich aus dem Konzern der Dresdner Bank (Sie erinnern sich? Dunkel?) und wurde auch vorrangig über diese vertrieben. Beim Verkauf der Dresdner an die Commerzbank wurden die KAGs aus der „grünen Welt“ nicht mit verkauft. Der ehemalige „dit“ war mittlerweile sowieso schon zu Allianz Global Investors (AGI) geworden und von der Allianz vollständig vereinnahmt worden. Nur mit dem Immobilienmanager DEGI scheint die Allianz nichts anfangen zu können. Vielleicht wussten die auch mehr, wer weiss? Diese KAG wurde also samt ihrer Fonds an die britische Firma Aberdeen verkauft, welche an sich selbst ein großer internationaler Immobilienmanager ist. Nur leider hat Aberdeen in Deutschland keinerlei Vertriebsnetz und offene Immobilienfonds nach deutschem Recht werden nun mal nur in Deutschland vertrieben. Die Aussichten auf frisches Geld für diese Fonds waren also erstmal ziemlich schlecht. Dazu kam, dass die Besitzer dieser Fonds, hauptsächliche ehemalige Kunden der Dresdner Bank, nun Kunden der Commerzbank sind. Da bietet es sich doch an, die Kundengelder in die hauseigenen Produkte der Commerzbank (z.B. Hausinvest) umzuleiten und dabei „ so nebenbei“ noch ein bisschen Provision in Form von Ausgabeaufschlägen zu generieren… . Somit war relativ klar, dass eine Wiederöffnung den Fonds nicht würde retten können. Höchstens die Vertriebsbilanz der ein oder anderen Einheit bei der Commerzbank, denn die Mittelumleitung in Richtung Hausinvest oder anderer CoBa-Produkte würde sicher in großem Stil sofort greifen. Leider droht das gleiche Schicksal aus meiner Sicht auch dem DEGI International.
Warum der DEGI Europa allerdings in letzter Zeit so extrem an Wert verloren hat, erschließt sich mir nicht schlüssig. Der bisherige Verlauf lässt zumindest nicht darauf schließen, dass hier besondere Risiken, wie beim P2, eingegangen wurden. Auch scheint die Informationspolitik von Aberdeen sehr mangelhaft zu sein. Schon kursieren Mutmaßungen, dass Aberdeen auf diesem Weg die Immobilien aus den Fonds günstig in die Portfolien ihrer eigenen Produkte überführen möchte. Ich kann das auf Basis der mir vorliegenden Fakten nicht bestätigen. Aber widerlegen kann ich es auch nicht.

Quelle: www.onvista.de

Es geht auch anders
Das man mit europäischen Immobilien keinen Schiffbruch erleiden muss, zeigt z.B. der ebenfalls sehr „beliebte“ AXA Immoselect. Der Immoselect kann zwar nicht an seine bis Anfang 2010 kontinuierlich gute Wertentwicklung anknüpfen, er hat aber keine Verluste zu verzeichnen. Aber auch dieser Fonds ist derzeit (erneut) geschlossen. Am 16.11. wäre der nächste Öffnungstermin. Allerdings ist zu erwarten, dass die KAG die Möglichkeit nutzt, die Rücknahme von Anteilen noch ein weiteres Jahr zu verlängern. Dann müsste man allerdings, sonst droht auch hier die Abwicklung.

Quelle: www.onvista.de

Ähnlich ist die Situation bei so bekannten Fonds wie dem SEB Immoinvest und dem CS Euroreal. Die fristen für die Wiederöffnung finden Sie am Ende des Artikels.
Auffällig ruhig ist es um die Fonds von Deka und Union. Weder stand eine Schließung an, noch leidet die Wertentwicklung. Das liegt daran, dass große institutionelle Anleger selten Kunden dieser Häuser sind. Und wer nicht anlegt, kann auch nichts abziehen. Also besteht die Anlegerstruktur dieser Fonds hauptsächlich aus den Kunden der Volksbanken und Sparkassen. Der Privatanleger an sich ist sehr viel träger und wird in diesem Fall vom Vertriebsmitarbeiter der Volksbank oder Sparkasse zusätzlich gebremst. Auch wenn ich die Bankenwelt sonst gerne kritisiere, in diesem Fall wirkt sich ihr Handeln durchaus positiv auf den Kunden aus. Gratulation!
Auch halt sich das Gerücht hartnäckig, dass die verschiedenen Genossenschaftsbanken und Sparkassen Fondsanteile verkaufswilliger Kunden selbst gekauft haben (soweit es sich um einen Fonds aus dem eigenen Verbund handelte) und nun in den eigenen Büchern führen, um den offenen Immobilienfonds aus dem Verbund die Liquidität zu wahren. Wahrscheinlich keine dumme Strategie und im Ergebnis sicher gut für das volksnahe Image.

Ist der Verkauf über eine Börse die Lösung?
Normalerweise werden Fondsanteile nicht über die Börse gehandelt, sondern direkt zwischen dem Kunden und der KAG. Das ist ein großer Vorteil für den Anleger, denn die KAG ist in normalen Zeit verpflichtet, Fondsanteile zurückzunehmen und dafür den richtigen Gegenwert der Fondsanteile (Rücknahmepreis) zu zahlen. Seit einigen Jahren bieten aber auch verschiedene Regionalbörsen (z.B. Hamburg) die Möglichkeit, dort Fondsanteile zu handeln. Hier wird der Preis von Angebot und Nachfrage bestimmt, liegt normalerweise aber nicht weit vom regulären Preis, da ja jeder Anleger auch mit der KAG handeln könnte.
Bei den „geschlossenen“ offenen Immobilienfonds sieht das natürlich anders aus. Derzeit kann niemand zum Rücknahmepreis an die KAG verkaufen. Also richtet sich der Preis komplett nach der Nachfrage. Es könnte aber jeder über die KAG Anteile zum Rücknahmepreis kaufen. Also muss dem Käufer an der Börse ein Grund gegeben werden, dort zu kaufen. Das kann nur ein Abschlag beim Preis sein. Dazu kommt noch die Einschätzung zur Situation des Fonds selbst. Anteile eines DEGI International werden mit einem deutlich höheren Preisnachlass gehandelt, als die bspw. des AXA Immoselect oder des SEB Immoinvest. Wahrscheinlich auch mit gutem Grund.Ob der Verkauf der Fondsanteile über die Börse Sinn macht, ist pauschal nicht zu beantworten. Immerhin ist es in einer Zwangslage die Möglichkeit, Liquidität auf dem Konto zu schaffen. Es mag auch eine Gelegenheit sein, Anteile eines dem Untergang geweihten Fonds noch zu einem halbwegs akzeptablen Preis los zu werden und den Verlust zu begrenzen. Im Fall des P2 wäre das, so schlau wie wir im Nachhinein immer sind, die bessere Idee gewesen.
Hier finden Sie die aktuellen Preise der offenen Immobilienfonds an der Börse Hamburg.

Wie geht es weiter?
Machen wir uns nichts vor, die Branche der offenen Immobilienfonds steht auf der Kippe. Zumindest aber am Scheideweg. Wenn nicht plötzlich das Vertrauen der Anleger wieder zurückkehrt, werden noch weitere Fonds abgewickelt werden müssen. Dies setzt den Immobilienmarkt insgesamt weiter unter Druck und bremst eine mögliche Erholung. Allerdings sollte man die Kraft des deutschen Geldes (ca. 25 Mrd Euro in den betroffenen Fonds) auf diesem globalisierten Markt vielleicht auch nicht überbewerten. Vielleicht können die besseren Fonds von einer normalerweise in Folge der wirtschaftlichen Erholung einsetzenden Wende am Immobilienmarkt profitieren und damit neue Anleger locken? Immerhin haben die Überlebenden ja Krisenfestigkeit gezeigt. Aber die Gefahr, dass enttäuschte und ängstliche Anleger endgültig die Flucht ergreifen, wenn sie von der Leine gelassen werden, ist schon sehr groß. Ich wage hier keine Prognose, hoffe aber, dass diese Anlageform diese Krise irgendwie übersteht. Dem deutschen Privatanleger würde es sehr gut tun, wenn mal etwas grundsätzlich funktioniert… .
Ach ja, der Gesetzgeber ist ja auch noch da! Zuerst hatte Herr Schäuble im Zuge seiner Finanzkrisenbewältigungsdynamik drastische Änderungen bei den offenen Immobilienfonds angekündigt. Dann kamen die üblichen Einwände und sicher auch die Lobbyarbeit im Hintergrund. Vielleicht ist es ja auch schlau, sich erst einmal fachkundig zu machen? Es ist aber wohl davon auszugehen, dass die Regierung diese Chance, sich als Anlegerschützer zu profilieren, nicht auslassen wird. Ein paar Pluspunkte beim Wahlvolk täten Angie, Guido & Co. ja ganz gut.

Eine Empfehlung, was Sie tun sollten, wenn sie selbst noch offene Immobilienfonds im Depot haben, kann kaum jemand geben. Klar ist man erst einmal auf der sicheren Seite, wenn man beim nächstmöglichen Öffnungstermin die Chance nutzt und sein Geld rausholt oder mit Abschlag über die Börse aussteigt. Andererseits steht man mit einer anderen Anlage auch wieder irgendwann an der Fußgängerampel… . Treffen Sie die Entscheidung, mit der es Ihnen zu diesem Zeitpunkt am besten geht und jammern Sie hinterher nicht, wenn es anders doch besser gewesen wäre. Vielleicht ist ja streuen eine gute Idee. Die Hälfte umschichten (wenn man die Gelegenheit bekommt) und die Hälfte drinnen lassen?

Hier eine Liste derjenigen Fonds, welche derzeit die Rücknahme von Anteilen ausgesetzt haben. In Klammern das Datum, bis zu welchem spätestens die Öffnung erfolgen muss, um die Abwicklung des Fonds zu vermeiden:

DEGI Global Business (10.11.2011)
DEGI International (15.11.2011)
AXA Immoselect (17.11.2011)
TMW Immobilien Weltfonds (7.2.2012)
SEB Immoinvest (4.5.2012)
KanAm Grundinvest (5.5.2012)
CS Euroreal A (17.5.2012)
AXA Immosolutions (25.5.2012)

(Quelle: FAZ.net)

Beim BVI finden Sie aktuelle Meldungen zu den einzelnen Fonds und der Entwicklung in diesem Markt.

Ein weiterer Artikel zu diesem Themenbereich ist am 5.9.2011 auf finanzdeutsch erschienen.

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  1. 1

    Info vom 19.10.11: Der AXA Immoselect wird abgewickelt
    http://finanzdeutsch.de/Wordpress/2011/10/20/axa-immoselect-wird-abgewickelt/

  2. finanzdeutsch #
    2

    Auch der DEGI-International wird abgewickelt http://finanzdeutsch.de/Wordpress/?p=409

  3. finanzdeutsch #
    3

    SEB Immoinvest und CS Euroreal werden abgewickelt http://finanzdeutsch.de/Wordpress/?p=461


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