In den verschiedenen Foren zum Thema Finanzen tauchen immer wieder Angebote auf, die eine hohe Rendite ohne Risiko versprechen. Wahrscheinlich gibt eine noch größere Anzahl an Gesprächen zu diesem Thema an deutschen Wohnzimmertischen, wenn die Verkäufer solcher Anlagen es geschafft haben, potentielle Anleger mit diesem Versprechen zu locken.
In den Foren läuft das meist nach dem gleichen Schema. Ein, meist neuer, User posted in seinem Artikel, dass er eine Anlage kennt, welche eine hohe Rendite und Sicherheit miteinander vereint. Nähere Informationen könne man dann per Email oder privater Nachricht erhalten. Meist werden irgendwelche nebulösen „rechtlichen Gründe“ angeführt, warum man keine weiteren Details im Forum mitteilen dürfe. Aber alles sei toll und super sicher. Die aggressiveren Gesellen dieser Gattung führen vielleicht an dieser Stelle dann schon an, dass ja niemand müsse. Sie selbst würden sich allerdings nicht mehr von den Banken und ihren niedrigen Zinsen verar… lassen.
Für den Betrachter wird es jetzt oft spaßig, denn in so ziemlich jedem Forum gibt es ein Paar „Platzhirsche“, also sehr aktive User, meist auch mit einer guten Fachkenntnis, die für solche Fälle schon richtiggehend Reflexe ausgebildet haben. Schnell kommt zur fachlichen Diskussion auch der persönliche Angriff. Besonders dann, wenn es auf der argumentativen Seite etwas dünn wird… .
Aber was steckt eigentlich hinter solchen Angeboten? Kann es das geben, geheime Anlagen, über die man nur hinter vorgehaltener Hand (z.B. in einem Internetforum…..) sprechen darf und die besser sind als alles, was es auf normalem Weg so gibt?
Die Antwort lautet ganz klar: NEIN!
Hier die Gründe:
1. Das Grundgesetz der Schwerkraft
Können Sie einfach mal so ca. 20cm vom Boden abheben und in dieser Höhe gemütlich einen Kaffee trinken? Nein?
Kann das irgendjemand anderes auf der Welt? Irgendwo anders auf der Welt? Vielleicht in London, New York oder auf den Bermudas? Auch nicht?
Das stimmt natürlich. Und der Grund hierfür ist ganz einfach: Das Grundgesetz der Schwerkraft. Sie gilt überall auf der Welt. Und sie gilt immer. Egal was wir tun, um vom Boden weg zu kommen, die Schwerkraft zieht immer an uns, um uns wieder zurück auf den Boden zurück zu bringen. Sind wir uns da einig?
Ist das jetzt ein Physikblog? Nein keine Angst. Ich brauche das Modell von der Schwerkraft nur, um ein genauso allgegenwärtiges Gesetz bei der Kapitalanlage zu erklären: Den Zusammenhang zwischen Rendite und Risiko. Auch dieser gilt immer und überall! Das Gegenteil sollten Sie nur jemandem glauben, der auch ohne Hilfsmittel fliegen kann (überprüfen Sie in diesem Fall aber bitte, welche Stoffe Sie sich vielleicht in den Stunden zuvor auf den einschlägigen Wegen zugeführt haben..J).
Dieses Grundgesetz der Kapitalanlage besagt, dass eine höhere mögliche Rendite auch immer ein größeres Risiko für den Anleger bedeutet.
Rendite ist die Währung, mit welcher man als Anleger für ein eingegangenes Risiko bezahlt wird. Je mehr Risiko ich in Kauf nehme, desto höher ist die Rendite, die ich erzielen kann.
Dieser Zusammenhang ist wie die Schwerkraft. Er gilt immer!
Man geht im Allgemeinen davon aus, dass deutsche Staatsanleihen „risikolos“ sind. Also ist deren Rendite diejenige, welche man ohne ein Risiko eingehen zu müssen erzielen kann. Die aktuellen Zahlen findet man bei der Bundesfinanzagentur.
Eine höhere Rendite bedeutet immer ein höheres Risiko. Ohne Ausnahmen!
Und eine viel höhere Rendite bedeutet eben ein sehr hohes Risiko. Griechische Anleihen z.B. bringen auf sieben Jahre derzeit rund 11%.
Die Rendite, die wir als Anleger erzielen, muss jemand anderes von seinem Geld bezahlen. Bei Staatsanleihen sind das die entsprechenden Staaten (bzw. die Steuerzahler). Niemand zahlt freiwillig mehr, als er muss.
Merke:
Wer mehr zahlt, tut dies nicht aus freien Stücken, sondern weil das mit der Anlage verbundene Risiko wesentlich höher ist!
Setzen Sie doch selbst einmal die verschiedenen Renditen und Risiken in ein Verhältnis. Wenn Bundesschatzbriefe als (per Definition) risikofreie Anlage bei einer Laufzeit von sieben Jahren derzeit knapp 1,8% pro Jahr bringen, dann bedeutet jedes darüber liegende Angebot ein Risiko. Derzeit bringt z.B. eine Unternehmensanleihe der Lufthansa mit einer ähnlichen Laufzeit 4,4% pro Jahr. Diese 2,6% Differenz sind der Risikozuschlag welcher Anlegern gezahlt werden muss, um lieber der Lufthansa als der Bundesrepublik Deutschland Geld zu leihen. Das Risiko ist, dass die Lufthansa innerhalb dieser sieben Jahre in so große finanzielle Probleme kommt, dass sie ihre Schulden und/oder die Zinsen nicht zurück zahlen kann (Ausfallrisiko).
Bedenkt man, dass die Luftfahrtbranche insgesamt nicht besonders gesund ist und ständig zusätzlich von externen Einflüssen (z.B. Wolken aus Vulkanasche) bedroht ist, dann birgt diese Anlage sicher gewisse Risiken, die sich in diesem Renditeaufschlag (Fachchinesisch: Spread) bemerkbar machen.
Stellen Sie sich jetzt einmal vor, wie viel höher das Risiko für Anleihen aus Griechenland angesehen wird. Der Risikozuschlag auf die deutsche Staatsanleihe beträgt mit rund 9% mehr als das Dreifache, verglichen mit der Lufthansa. Das kann übertrieben sein, soll uns hier aber nur ein Gefühl für den Zusammenhang zwischen Rendite und Risiko geben.
Aktien
Schauen wir uns noch eine andere Anlageart an, die Aktien. Es ist sehr schwer, eine vernünftige mögliche Rendite bei den sehr schwankungsreichen Aktien festzulegen. Entscheidend ist immer der Betrachtungszeitraum und die Aktie an sich. Früher rechnete man als Faustformel: risikofrei Rendite + 6% = langfristige durchschnittliche Aktienrendite. Von 1980 bis 2000 war das auch zutreffend. Wegen der damals noch deutliche höheren Inflation lag die risikofreie Rendite schon mal bei sechs Prozent. Wer rechtzeitig aus den Aktien ausgestiegen ist (z.B. Mitte 2000) konnte in dieser Zeit tatsächlich rund 12% p.a. mit ganz normalen Aktien verdienen. Derzeit müsste man nach dieser Faustformel also mit rund 8% p.a. rechnen können. Aber leider geht es an den Akteinmärkten seit 2000 nicht mehr, wie in den 20 Jahren zuvor, grundsätzlich bergauf. Zwischen 2000 und 2003 haben wir erfahren, welches Risiko den 12% Rendite gegenüber steht. In der Breite waren Verluste um 75% (z.B. der Dax) zu ertragen. Die zuvor besonders ertragreichen Technologieaktien am Neuen Markt sind zum Teil komplett verschwunden. Totalverlust, 100%.
In den letzten 10 Jahren sind die Aktienmärkte unter großen Schwankungen (=Risiko) seitwärts gelaufen. Es gehörte schon viel Glück dazu, in dieser Zeit Gewinne mit Aktien zu erzielen.
So muss man sagen, dass Risiko bei Aktien liegt grundsätzlich bei 100%. Nach oben gibt es, zumindest theoretisch, keine Grenze. Auch hier ist zu sehen: Einerseits die Chance auf sehr hohe Gewinne, andererseits das Risiko des Totalverlustes. Hier stimmt das Gleichgewicht zwischen Renditechance und Risiko.
Anders ist dies bei Anlagen, wie sie im auf finanz-forum.de beschrieben werden.
„Devisenhandelssytem“ oder „seriöse geldanlage, mit hoher verzinsung“
5% oder gar 13% im Monat (!) sind Renditen, die man nur erzielen kann, wenn man extreme Risiken eingeht. Ein Totalverlust ist bei solchen Anlagen immer als Möglichkeit einzukalkulieren. Falls sie überhaupt seriös sind.
Anzuzweifeln ist die Seriosität grundsätzlich, wenn etwas geheim ist und Informationen nur unter bestimmten Bedingungen gegeben werden. Das geht schief!
2. Die Gier der Kapitalmärkte nach Rendite
Jeden Tag suchen an den internationalen Kapitalmärkten mehrere hundert Milliarden Euro nach möglichst sicheren Anlagen mit ein bisschen mehr Rendite. Da geht es oft um die dritte Nachkommastelle. Unterschiede in diesem Bereich können schon riesige Kapitalströme in Bewegung setzen. Würde es eine Anlage geben, die z.B. statt der 1,8% der deutschen Staatsanleihe 2,0% (pro Jahr) mit annähernd vergleichbarer Sicherheit bieten würde, dann würden in diese Anlage sehr schnell sehr große Mengen an Geld fließen. Kein Anbieter müsste den mühsamen und teuren Weg über Privatanleger gehen. Allerdings werden die großen Kapitalströme von Profis gesteuert, deren Hauptaufgabe es ist, das „Risiko-Rendite-Profil“ Ihrer Gelder optimal zu gestalten. Wenn eine vermeintlich attraktive Anlageform von diesen Geldern nichts abbekommt, dann hat das nur einen Grund: Das Risiko ist zu hoch für die Rendite. Oder die ganze Anlage ist einfach nur Quatsch.
Wer den Weg über den privaten Kleinanleger geht, macht sich sehr viel Arbeit (=Kosten), um an Anlegergelder zu kommen. Das macht niemand freiwillig und schon gar nicht auch Nächstenliebe.
Gehen Sie davon aus, dass das Gesetz der Schwerkraft auch immer und überall für die Kapitalanlage gilt: Je höher die Rendite, desto höher das Risiko.
Jetzt kann man sagen: Aber wir Menschen können doch der Schwerkraft trotzen. Schließlich fliegen wir ständig um die ganze Welt. Dann könnte es doch auch Hilfsmittel geben, die eine hohe Rendite ohne Risiko ermöglichen? Sozusagen „Flugzeuge fürs Geld“. Das stimmt natürlich. Vorab sei aber angemerkt, dass die Schwerkraft auch immer und überall auf das ganze Flugzeug wirkt. Wir nutzen die Technik, um der Schwerkraft eine Gegenkraft (Auftriebskraft) entgegen zu setzen. Der Aufwand (=Kosten) hierfür ist bekanntermaßen groß. Im Finanzbereich heißt diese „Gegenkraft“ Anlagestrategie. Man kann mit den verschiedensten Methoden versuchen, seine Risiken zu begrenzen und die Chancen zu wahren. Im Unterschied zu einem Flugzeug sieht man nicht sofort, ob eine Strategie „fliegt“. Man kann es nur ausprobieren und hoffen. Unbegrenzt lässt sich das Chancen-Risiko-Verhältnis nicht durch eine Strategie verschieben. Je komplizierter der Vorgang wird, desto anfälliger wird er. Wie ein Formel-1 Motor im Vergleich zum Golf Diesel. Versagt beim Flugzeug die Technik (oder der Mensch) wirkt sofort die Schwerkraft und es stürzt ab. Funktioniert eine Anlagestrategie nicht (mehr), geschieht –im übertragenden Sinne- das Gleiche.
Aus der Vergangenheit ist keine Anlagestrategie bekannt, die immer nur gute Gewinne ohne Schwankungen gebracht hätte. Der letzte, der das anscheinend bringen konnte war ein gewisser Herr Madoff, der heute in einer US-Zelle seine verdiente Strafe „ablebt“. Es gab immer mal wieder Strategien, die ein Zeit sehr gut funktionierten, dann aber irgendwann wieder der „Schwerkraft“ zum Opfer fielen.
Derzeit fällt in diese Riege der Fonds Carmignac Patrimoine. Es handelt sich hier nicht um eine Wunderwaffe. Das Fondsmanagement produziert aber schon seit Jahren ein sehr gutes Chancen-Risiko-Verhältnis. Die Strategie funktioniert, die Kiste fliegt. Normal wäre aber, wenn früher oder später Schwierigkeiten auch bei dieser Strategie auftreten. Zumal derzeit offensichtlich ganz Europa „all sein Geld“ in diesen Fonds umschichtet. Allein die schiere Größe könnte irgendwann problematisch für diese Anlagestrategie werden.
Fazit:
Immer an die Schwerkraft denken!
Dieser Artikel ist wirklich ohne Worte. Den könnte auch die sparkasse geschrieben haben… Natürlich hängen hohe oder höhere Renditen auch mit einem vermeindlich höheren Risiko zusammen. Nur, ich habe noch niemenden erlebt, der mir tatsächlich mal sagen konnte, wie die chancen im Verhältniss zum risiko stehen??? In der Praxis würde es ja bedeuten, wenn ich vom Sparbuch mit 1% Zinsen auf das Tagesgeld 2% wechsele, das dann mein Risiko um 100% steigt, oder? Man muss sich immer ein Produkt anschauen und genau schauen, wie arbeitet es und wie groß sind die Möglichkeiten eines Verlustes. Um eine tatsächliche langfristige Rendite zu erwirtschaften ist es zwingend erforderlich eine Rendite von 8% + X zu erwirtschaften. Inflation und Steuern fressen einem erstmal einen großen Teil weg und erst dann fängt das Kapital an zu wachsen. Risiken sind nur durch Diversifikation in den Griff zu bekommen. Auf Deutsch: Das Kapital muss auf verschiedene renditestarke Produkte verteilt werden. Nur so entsteht Sicherheit. Alles andere ist nur Verdummung der Anleger.
Die Banken und Versicherungen machen es jedes Jahr so. Die erzeugen Renditen deutlich über 20%… Der Normalbürger soll den vermeidlich sicheren Quatsch kaufen. Gruß
Thomas J. Schneider
Diplom Btriebswirt & Finanzfachwirt (FH)
Guten Tag Herr Schneider,
vielen Dank für Ihre Stellungnahme.
„Nur, ich habe noch niemenden erlebt, der mir tatsächlich mal sagen konnte, wie die chancen im Verhältniss zum risiko stehen??? In der Praxis würde es ja bedeuten, wenn ich vom Sparbuch mit 1% Zinsen auf das Tagesgeld 2% wechsele, das dann mein Risiko um 100% steigt, oder?“
Ein Mann mit Ihrer Ausbildung und Qualifikation weiss (hoffentlich), dass die Zusammenhänge zu kompliziert sind, um sie so einfach beschreiben zu können. Zu unterschiedlich ist die Wahrnehmung des Risikos bei einzelnen Anlegern. Im von Ihnen gewählten Beispiel muss man einfach festhalten, dass das Sparbuch tatsächlich ein Intstrument der Volksverdummung ist. Die Renditesprünge bei „richtigen“ Kapitalanlagen dienen zumindest als Indikator für das eingekaufte Risiko.
„Die Banken und Versicherungen machen es jedes Jahr so. Die erzeugen Renditen deutlich über 20%… Der Normalbürger soll den vermeidlich sicheren Quatsch kaufen. “
Das ist jetzt wirklich ein wenig zu platt und plakativ. Insititutionelle Anleger erzielen in bestimmten Bereichen auch hohe Renditen. Aber sicher nicht in der Breite der Anlagen. Das zeigen die hohen Volumina institutioneller Gelder, die in Renten und anderen gering rentierenden Anlageformen liegen. Und dass die hohen Renditen mit entsprechenden Risiken verbunden sind, hat uns die Finanzkrise ja gerade anschaulich vor Augen geführt.
Also immer schön locker bleiben 😉
Kai Sperling
Leider wurde in Ihrem Beitrag nicht darauf eingegangen, dass es einen signifikanten Unterschied zwischen Zinsertrag und Rendite gibt. „Welcher Unternehmer freut sich denn über eine geringe Eigenkapitalrendite, obwohl dies nach Ihren Ausführungen um eine hohe Sicherheit für sein Unternehmen bedeuten müsste. Jeder kann sich seine eigenen Gedanken machen und dann informieren.
Mit besten Grüßen